A: "this music sucks ass" - B: "no youre just a faggot"
Recht eindeutig, nicht wahr? Auf welche Werte ich hiermit pochen möchte, sollte zum jetzigen Zeitpunkt recht eindeutig sein: Respekt oder, wenn's dazu nicht reicht, Toleranz. Das gilt nicht bloß im echten Leben, sondern auch in der Unterhaltungsbranche, in der zudem noch Geschmack zählt - und dieser ist bekanntlich indiskutabel. Leider reicht es für obige Zeitgenossen zu nichts von Beidem, was zwar beim Lesen eher amüsant erscheinen mag, aber in Wahrheit eher das Gegenteil ist. Auch in meinem geliebten KoD musste ich, verzeiht die Kritik, etwas Ähnliches erleben, bloß eloquenter formuliert. Hier nehme ich mal als Beispiel das Thema Hip-Hop, das hier vor einiger Zeit aufgegriffen wurde und von mancher Seite auf wenig Gegenliebe stieß. Dies wurde dann auch mit einer, wie ich meine, mittlerweile eher weniger verblüffenden Borniertheit zum Ausdruck gebracht.
Sicher... ich weiß, dass ich auch mal zu denjenigen gehörte, aber seht doch im Zweifelsfall einfach nach, was ich mal war, und vergleicht das mit dem, was ich heute zu sein scheine. Allerdings ist es, wenn man so drüber nachdenkt, doch viel schöner, einfach mal die sprichwörtlichen Scheuklappen abzunehmen und sich für Neues zu öffnen. Mein Musikgeschmack reicht von halbwegs geschmackvoller oder zumindest unterhaltsamer Popmusik (wie auch immer man das definiert) über viele mal größere, mal kleinere Zwischenstationen zu Experimental und Noise. Am liebsten sind mir dabei oftmals noch die Grenzgänger, die eine innovative Mischung aus grundverschiedenen Genres in ihre Musik einbringen. Anfangs, als ich als unzufriedener Achtklässler auf dem üblichen Selbstfindungs-Trip war (obwohl Ansätze guten Geschmacks doch schon vorhanden waren), habe ich mich auch auf möglichst "böse" Genres eingeschlossen, darunter Sachen wie Gothic, Black Metal und Grindcore. Wie auch immer, das hat mich dann eben dazu veranlasst, auf genannter Arroganzschiene mitzufahren - ich habe zwar sonst auch oftmals versucht, Souveränität zu bewahren, mich aber doch von der Masse mitreißen lassen, aber das ist eine andere Geschichte. Mit der Zeit hat es sich dann jedenfalls ergeben, dass ich eher zufällig etwas von den Legendary Pink Dots gehört habe (vielen Dank an Minsc übrigens noch mal für die Erinnerung) und ab da war's dann schrittweise soweit: weg mit den Grenzen, her mit der Musik.
Um zum Punkt zu kommen: bildlich gesprochen schließt Engstirnigkeit Türen, während Offenheit neue öffnet. Nicht alles, was diese oder jene Bezeichnung trägt, muss dieser auch vollkommen gerecht werden. Auch ich kam leicht ins Zweifeln, als mein Lieblings-Mailorder, der bis zum heutigen Tage ausschließlich für den musikalischen Untergrund zuständig ist, eine Platte von Odd Nosdam, dessen Namen ich bisher immer mit Hip-Hop in Verbindung brachte, im Angebot hatte. Jetzt habe ich es aber aus oben genannten Gründen doch mal mit dieser Platte versucht, wenn auch bis jetzt bloß mit einem Stück, und was soll ich sagen - Spitze. Wer sich bis jetzt angesprochen fühlte, sollte sich einfach mal das hier anhören. Ist das klassischer Hip-Hop? Aus meiner Sicht nicht, und das ist halt der springende Punkt: viele Menschen sind zu sehr an Namen gebunden und geben dem, was darüber hinaus liegt, keine wirkliche Chance, dabei könnten genau dort wahre Perlen entdeckt werden. An einem an dieser Stelle ungenannten Stück aus dem Soundtrack zu Slumdog Millionaire, das ich bei einem Freund gehört habe, fand ich nach kurzer Zeit auch einigermaßen Gefallen (im Gegensatz zum Rest dessen, was ich vom selben Künstler gehört habe), so seicht es auch war, und war dementsprechend überrascht, als Discogs mir verriet, dass ich da "irgendso'n Ghettomist" hören mochte. Es hat mich aber nicht völlig aus der Fassung gebracht, das mit Sicherheit nicht. Sollte ich hierfür Tadel erhalten, wäre das mit hoher Wahrscheinlichkeit bloß ein Zeichen dafür, dass der Leser mich bis hierhin nicht verstanden hat, an wem das auch immer liegen mag.
Noch mal: es gibt mir zumindest ein gutes Gefühl, niemandem eine Last zu sein, wenn nicht sogar zur Möglichkeit der Hoffnung auf eine bessere Welt beizutragen (so utopisch diese Vorstellung auch sein mag), und ich kann mir nicht vorstellen, dass es sich bei sonderlich vielen anders verhält. Selbst dann, wenn der Musikgeschmack des Gegenübers einem nicht gefällt, kann man sich immer noch eine Frage stellen: "Muss ich mir das überhaupt anhören?" - Eigentlich ist es doch viel sinnvoller, für sich selbst zu wissen, was einem gefällt und was nicht, und diesen Interessen entsprechend zu hören, anstatt seine Zeit fruchtlosen Versuchen zu widmen, den Anderen von oben herab zu bekehren. Darüber hinaus sollte beachtet werden, dass alle Etiketten letzten Endes auch bloß Uniformen sind, selbst die des "Freidenkers". Und sollte man doch bei "guten" und "schlechten" Musikgeschmäckern bleiben wollen, besteht immerhin noch die Möglichkeit, das für sich zu behalten, anstatt es in die Welt hinauszuschreien. Auch menschlich ist zumindest erstere Methode ein großer Gewinn, da sich hiermit niemand an Oberflächlichkeiten festmacht, sondern sich auch bemüht, die inneren Werte zu entdecken. Ein Moslem, der sich im Supermarkt vordrängelt, wird es wohl eher nicht auf den Gedrängelten abgesehen, sondern es vielleicht bloß eilig haben, und ist demzufolge kein schlechter Mensch. Das Beispiel mit dem Moslem habe ich ganz bewusst gewählt, da gerade hier das Thema Glaube und Religion oftmals keinen guten Stand hat und der Islam da noch mal ganz schlimm dran ist. Selbst der scheinbar bösartigste Diktator ist nicht von sich aus böse und er wird sich in dieser oder jener Hinsicht vielleicht auch um etwas kümmern, das ihm am Herzen liegt, z.Bsp. die Verpflegung der und Liebe zur Familie. Ein Mensch ist immer bloß das, was aus ihm gemacht wird. Um das Ganze auf die Musik zu übertragen, so lässt sich durch den Geschmack einer Person nicht auf deren Wesenszüge schließen. Wer gerne Tokio Hotel hört, muss nicht zwangsläufig ein oberflächliches 13-jähriges Emo-Mädchen sein, das auf jeder Trendwelle mitschwimmt. Inwieweit dieses Klischee der Realität entspricht, ist dabei irrelevant - es kommt auf die Möglichkeit selbst an, dass jemand, der nicht zu dieser Gruppe gehört, sich etwas Derartiges anhört, und sei sie noch so gering.
Verzeiht den ellenlangen Monolog. Es ist mir nicht allzu wichtig, ob von all dem hier überhaupt jemand etwas verstanden hat, ich wollte bloß mal einige Gedankengänge zu Papier bringen, wobei die ewigen Assoziationen diese zum Schluss recht unübersichtlich gemacht haben - deshalb würde ich nicht ausschließen, dass da später auch noch einige inhaltliche Makel auftreten. Was soll's, das war mehr eine spontane Aktion. Der Froschteich jedenfalls wäre für so ein Anliegen zu trivial gewesen und das Frosch und die Welt-Unterforum zu allgemein, deshalb liegt das hier jetzt eben unter "Musik". Ich möchte auch noch mal klarstellen, dass ich dieses Forum eben verwende, da es mein Stammforum ist. Es geht mir nicht darum, irgendjemanden bloßzustellen - wer, vorausgesetzt, dass er mich verstanden hat, sich angesprochen fühlt, soll sich angeregt fühlen, seine Ansichten zu überdenken und einsichtig zu werden.